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Gutachten des Monats

Anlass und Motiv
„Er hat die Entwicklung unseres Unternehmens entscheidend geprägt. Dafür gebührt ihm unser Dank vor unserer neuen strukturellen Ausrichtung.“ Die Worte dieser Pressemitteilung seiner alten Firma hallten noch lange im Gedächtnis Sascha Färbers [Name geändert] nach.

Eine gute Idee für die Rache
Der frustrierte Top-Manager aus der Automobilbranche hatte scheinbar an alles gedacht. Bereits bevor er das Unternehmen verlassen hatte, hatte er seine 12 engsten Getreuen aus dem Unternehmen aktiviert. Jede und jeder von ihnen bekam ein Thema, mit dem der Automobilkonzern durch anonyme Briefe angegriffen werden sollte. So kam bald eine stattliche Serie von 39 anonymen Schreiben mit verschiedenen anschuldigenden Inhalten zusammen.

Die Vorlagen-Skizzen dazu lieferte Färber selbst, nicht aber die ausformulierten Endversionen. Damit konnte er seine Sprachspuren weitgehend verwischen und durch die Sprachschichten seiner Ex-Mitarbeiter überlagern lassen. Fast genial.

Struktur schlägt Chaos
Das Unternehmen nahm die Serie anonymer Schreiben ernst und reagierte besonnen, strukturiert und proaktiv. Nach der Kontaktaufnahme zu uns, erhielt es einen maßgeschneiderten Krisenplan. Dieser war auf Schadensminimierung, auf Identifizierung der Briefeschreiber und auf das Ermöglichen möglichst vieler Handlungs-Optionen für den Konzern ausgerichtet.

Erste Auswertungen
Durch Sprachanalysen konnten wir diese stilistischen Mischtypen von Texten mit Co-Autorenschaft ausfindig machen, die sowohl Herrn Färber als auch der jeweiligen Mitarbeiterin oder dem jeweiligen Mitarbeiter A, B oder C usw. zuzuordnen waren. Es konnte jedoch keine der verdächtigen Personen mit einer hinreichend hohen, gerichtsfesten Wahrscheinlichkeit überführt werden. Ob die geringeren Wahrscheinlichkeitsaussagen in Verbindung mit anderen, nicht-linguistischen Beweisen zu einer Überführung des Top-Managers geführt hätten, bleibt Spekulation.

Sascha Färber hatte jedoch einen entscheidenden Fehler begangen, wie ihn Menschen häufig machen, wenn sie emotional werden und Kontrollverlust erleiden. Ein Thema, „die verschlafene Entwicklung von Elektrofahrzeugen“, lag ihm derart am Herzen, dass er dieses nicht seinen Helfern überlassen wollte, sondern dazu einen anonymen Brief höchstpersönlich formulierte, einen aus 39!

Der Sack wird zugemacht
In diesem Brief fanden sich u. a. Wortkombinationen, die nur Herr Färber verwendete, wie nun aber auch wirklich, oder für Färber typische Wortbildungsfehler, wie meistverkauftester SUV [statt: meistverkaufter SUV], und charakteristische emotionale Begriffe, die Färber als einziger im Konzern benutzte.

Damit konnte Herr Färber als Autor dieses einen anonymen Briefes überführt werden. Das Unternehmen fand mit ihm eine interne Lösung. Das war eine Art Königsweg, zumal Färbers Anschuldigungen nicht völlig haltlos waren.

Wenn wir die von uns bearbeiteten Fälle hochrechnen, dann gehen pro Jahr etwa 1.600 anschuldigende anonyme Briefe bei Unternehmen ein. Tendenz: steigend.

Umso wichtiger ist es, dass Unternehmen auf anonyme Schreiben besonnen und strukturiert reagieren und die professionellen Möglichkeiten ihrer Identifizierung nutzen.

PS: Wie wichtig emotionale Begriffe und andere Merkmale, die sich der Verstellung entziehen, für die Identifizierung von Autoren sind, veranschaulicht das folgende Video: https://www.prosieben.de/tv/galileo/videos/expertenduell-paarforschung-clip