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Ein Haar in der Vertuschungs-Suppe?

Viele Leser meines Buches haben bereits den engen Zusammenhang zwischen dem Barschel-Brief an Stoltenberg und Uwe Barschels Tod gesehen. Ein größerer Zusammenhang erschließt sich dem Leser, wenn er die Erkenntnisse aus dem Kapitel „Tod eines Anwalts“ hinzunimmt. In der zweiten Hälfte der 80-er Jahre schieden, ebenso wie Uwe Barschel, unverhältnismäßig viele Menschen, die Kenntnisse über Rüstungsindustrie oder Waffenhandel hatten, durch seltsame Selbstmorde aus dem Leben. Die meisten von ihnen hatten sich zum Sterben extra an kilometerweit entfernte Orte begeben, mehrere sogar ins Ausland …

Interessiert verfolgen meine Leser auch die aktuellen Nachrichten zu Uwe Barschel. Die Ermittler gehen davon aus, dass das in Barschels Hotelbett gefundene Haar nicht von Uwe Barschel stammt. Das LKA werde "möglicherweise" versuchen, ein DNA-Profil zu erstellen. "Das Haar kann alles bedeuten, aber mit großer Wahrscheinlichkeit bedeutet es nichts", sagte Möller, Sprecher der Staatsanwaltschaft Lübeck.

Dem ist uneingeschränkt zuzustimmen. Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit, davon gehen alle Kenner der Barschel-Affäre aus, wird das Haar keine neuen Erkenntnisse liefern. Der Hauptgrund: Neue Erkenntnisse sind nicht erwünscht.

Dass der Abgleich möglicher DNA-Spuren mit der Datei des Bundeskriminalamtes, so er denn durchgeführt werden soll, zu einem Treffer führen könnte, ist – bei aller Wertschätzung des BKAs und seiner Datenbank, äußerst unwahrscheinlich. Wollte man jedoch ernsthaft nach Barschels Mördern suchen, so hätte grundsätzlich auch eine weitere Aussage Möllers Gültigkeit: Menschen, so Möller, verlören ständig Haare. Das gelte auch für Zimmermädchen, Etagenkellner oder Ermittlungsbeamte.

Nun sollten allerdings Zimmermädchen, Etagenkellner oder Ermittlungsbeamte, die in jener Zeit das Hotelzimmer 317 betraten, grundsätzlich bekannt und – so sie noch leben – ebenfalls einer DNA-Probe zugänglich sein. Ein überschaubarer Personenkreis also.

Interessant ist, dass die Farbe des Fremd-Haares auch in den farblichen Variationsbereich meiner Zielperson „RR“ aus dem Killer-Kommando passt (braun bis hellbraun) und dass dieser Mann schon in jungen Jahren unter Haarausfall litt, also, verehrter Herr Möller, ständig sogar mehr Haare verlor als der Durchschnitt.

Aber auch das bedeutet mit großer Wahrscheinlichkeit nichts für die Aufklärung von Uwe Barschels Tod, und so können denn alle, die ob des Haares leicht irritiert waren, sich beruhigt zurücklehnen. Die Akte Barschel wird geschlossen bleiben.

 Es folgt, aus gegebenem Anlass, ein Auszug aus dem Buchkapitel „Uwe Barschels Ende“:

 

Kriminal-Tango in Nürnberg

Wenige Wochen nach meinem Auftritt in der Panorama-Sendung [am 18. Oktober 1988] arrangierte Peter Wissling [ein mit mir eng kooperierender Panorama-Redakteur; Name geändert] ein Treffen zwischen [Barschels] Bruder Eike und mir. Der vermeintliche Selbstmord seines Bruders ließ den Mann einfach nicht los. Per Telefon hatten wir uns in der Bar eines großen Hotels in Nürnberg, gleich gegenüber vom Hauptbahnhof, verabredet. [Es handelte sich um das Le Meridien Grand Hotel]. Später habe ich oft bedauert, dass Wissling kein Kamera-Team mitgebracht hatte, um diese Begegnung im Bild festzuhalten. Denn was dort geschah, erinnerte stark an einen zweitklassigen Spionagefilm.

Kaum hatten wir in unseren tiefen Clubsesseln Platz genommen, betrat ein Mann die Bar, stellte sich in unmittelbarer Nähe zu unserer Sitzgruppe an die Theke, steckte sich lässig eine Zigarette in den Mundwinkel und bat den Barmann um Feuer. Er bestellte keinen Drink, verharrte aber während unseres gesamten Gesprächs dort an seinem Platz.

Peter Wissling, Eike Barschel und mir hatte ein einziges Augenzwinkern genügt, um uns darauf zu verständigen, dass wir uns an diesem Ort nur über die Fakten des Falls Barschel unterhalten würden, die ohnehin in jeder Zeitung nachzulesen waren. Als wir eine halbe Stunde später unsere „Besprechung“ beendeten, tauchten plötzlich zwei Möbelpacker auf und schulterten eilig die beiden Sessel, auf denen Eike Barschel und ich gesessen hatten. Vermutlich standen schon irgendwo die Experten bereit, um die Wanzen wieder zu entfernen. Vor dem Hotel fiel uns ein professionell wirkender Kameramann auf, der offenbar ganz darin vertieft war, die Fassade des Nürnberger Hauptbahnhofs zu filmen. Als wir ein paar Meter gegangen waren, schwenkte er wie zufällig die Kamera – und zwar direkt auf Peter Wissling, Eike Barschel und mich. Hätte ich noch die geringsten Zweifel an einer Ermordung Barschels gehabt – dieses Szenario hätte sie restlos beseitigt.

Wie ich erst später erfuhr, erhielt Peter Wissling wenige Tage nach unserem Treffen einen anonymen Anruf, in dem er aufgefordert wurde, seine Recherchen in der Barschel-Affäre unverzüglich einzustellen – mit dem perfiden Hinweis, dass er doch an die Sicherheit seiner Familie und besonders an die seiner kleinen Tochter denken solle...

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